Plötzlich steht die Sonne tief und das Büro wird zur Sauna. Dabei ist das Gebäude keine 5 Jahre alt und alles wurde doch „nach Norm“ geplant. Was viele nicht wissen: Die aktuellen Regelwerke wie DIN EN ISO 52016 oder das GEG sind keine Garantie dafür, dass ein Gebäude auch mit dem Klima von morgen zurechtkommt. Was also tun? In diesem Artikel erfahren Sie, wo die Grenzen der Normen liegen und was Gebäudehüllen wirklich zukunftssicher macht.
Die Daten des Deutschen Wetterdienstes zeigen es deutlich: In Regionen wie Potsdam kletterten die Temperaturen zwischen 1961 und 1990 an durchschnittlich 28 Tagen pro Jahr über die 25-Grad-Marke. Bis 2007 waren es schon 40 Tage. In den kommenden Jahrzehnten werden es voraussichtlich 58 bis 69 Tage sein. Auch die Zahl der Hitzetage mit über 30 Grad nimmt spürbar zu.
Das Problem: Unser Gebäudebestand ist darauf kaum vorbereitet. Besonders deutlich zeigt das eine aktuelle Studie des Ingenieurbüros Hauser (IBH), in der typische Wohnräume auf ihre Reaktion bei zukünftigen Klimabedingungen simuliert wurden. Das Ergebnis: Viele Gebäude überhitzen trotz normgerechter Planung bereits heute.
Denn viele energetische Vorgaben, etwa zum sommerlichen Wärmeschutz, basieren noch auf Klimadaten aus den Jahren 1988 bis 2007. Selbst aktuelle Neubauten sind damit oft nicht fit für die heutigen Sommer, geschweige denn für die kommenden.
Glasfassaden reagieren dabei besonders sensibel auf klimatische Einflüsse: Sie nehmen viel Strahlung auf, speichern selbst aber keine Wärme und sind wind- und witterungsanfällig. Wenn dann auch noch Wartung oder Steuerungssysteme vernachlässigt werden, entstehen schnell Situationen wie überhitzte Innenräume, steigende Betriebskosten und technische Ausfälle.
Normen wie die DIN EN ISO 52016-1 oder die DIN 18599 sind wichtig. Sie helfen dabei, Gebäude energetisch zu bewerten, den Heiz- und Kühlbedarf zu berechnen und bestimmte Kennwerte, wie etwa den g-Wert für solaren Wärmeeintrag oder den U-Wert für den Wärmedurchgang, korrekt zu erfassen. Ohne diese Standards wäre keine seriöse Planung möglich.
Aber: Normen sind keine Wettervorhersage. Denn wie bereits erwähnt, basieren sie auf sogenannten Testreferenzjahren, also Durchschnittswerten aus vergangenen Jahrzehnten. Klingt solide, passt aber oft nicht mehr zur Realität. Hitzerekorde, Tropennächte und Starkregen? Kommen in den Rechenmodellen kaum vor. Auch das Verhalten der Gebäudenutzer, etwa ob Sonnenschutz wirklich genutzt oder regelmäßig gewartet wird, bleibt außen vor.
Hinzu kommt: Viele Normen lassen Spielräume. Planer:innen dürfen z. B. zwischen verschiedenen Klimadatensätzen wählen, interne Wärmelasten schätzen oder annehmen, dass der Sonnenschutz „immer funktioniert“. Das tut er im Alltag aber eben nicht.
Anders gesagt: Normen schaffen eine rechnerische Grundlage, aber sie ersetzen keine bauphysikalische Erfahrung. Und sie beantworten vor allem nicht die Frage, wie Ihre Glasfassade in zehn Jahren mit 40 Grad Außentemperatur und Süd-West-Ausrichtung klarkommt. Dafür braucht es mehr als ein paar Zahlen im Rechenmodell.
Die wichtigsten Regelwerke, die heute bei der Planung und Bewertung von Glasfassaden zum Einsatz kommen, sind:
Diese Norm erechnet den Energiebedarf für Heizen und Kühlen sowie die Innentemperaturentwicklung.
→ Sie ist die Grundlage für sommerlichen Wärmeschutz, basiert aber auf Klimadurchschnittswerten, nicht auf Extremjahren.
Sie dient der energetischen Bewertung von Nichtwohngebäuden.
→ Die DIN 18599 ist komplex, aber zentral für den Nachweis nach GEG, besonders bei größeren Büro- oder Verwaltungsbauten.
Dieses Gesetz regelt die energetischen Anforderungen für Neubauten und Sanierungen in Deutschland.
→ Das GEG verweist auf die DIN 18599 oder die frühere EnEV, enthält aber keine Detailvorgaben zum Betrieb oder zur Wartung.
Diese Norm beschreibt Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz, z. B. zur Vermeidung von Überhitzung.
→ Sie bezieht sich u. a. auf Sonnenschutzmaßnahmen, g-Wert-Begrenzungen und Bauteilverhalten.
Wer heute eine Glasfassade plant oder betreibt, steht nicht nur vor bautechnischen, sondern vor zunehmend klimatischen Herausforderungen. Normen helfen, Anforderungen zu erfüllen und Nachweise zu führen, aber sie treffen keine Aussage darüber, wie ein Gebäude sich im Alltag tatsächlich verhält. Und genau dort entscheidet sich, ob es dauerhaft funktioniert.
In der Praxis ist es oft das Zusammenspiel vieler scheinbar kleiner Faktoren, das über Komfort und Effizienz entscheidet:
Die Realität ist: Eine Fassade kann normkonform sein und dennoch nicht verlässlich funktionieren. Gerade Glasfassaden brauchen daher mehr als nur einen rechnerischen Haken im Plan. Sie brauchen bauliche Intelligenz, regelmäßige Kontrolle und vor allem eines: Erfahrung.
Eine zukunftssichere Glasfassade erfüllt nicht nur Normen auf dem Papier – sie funktioniert zuverlässig im Alltag. Dafür braucht es vor allem drei Dinge:
Besonders wichtig ist die fachgerechte Kontrolle der Bauteile: Gläser, Dichtungen, Halterungen, Sonnenschutzsysteme. All das ist dauerhaft nur so leistungsfähig wie sein Zustand. Kleine Schäden oder altersbedingter Verschleiß bleiben oft lange unbemerkt, können aber im Ernstfall die gesamte Funktion der Fassade beeinträchtigen.
Auch energetisch lohnt sich ein genauer Blick: In vielen Fällen lassen sich durch den Austausch einzelner Verglasungen oder durch das Nachrüsten von außenliegendem Sonnenschutz deutliche Verbesserungen erzielen – ohne den Aufwand einer kompletten Sanierung. Für Eigentümer:innen und Betreiber:innen bedeutet das: bessere Performance, geringere Betriebskosten und mehr Sicherheit.
Normen sind wichtig, aber sie reichen allein nicht aus, um Glasfassaden dauerhaft funktional, sicher und energieeffizient zu betreiben. Gerade im Kontext des Klimawandels zeigen sich die Grenzen rechnerischer Modelle immer deutlicher: Durchschnittswerte und Idealbedingungen spiegeln längst nicht mehr die Realität im Gebäudebetrieb wider.
Wer heute plant, baut oder saniert, sollte daher über den normativen Rahmen hinausdenken. Entscheidend sind praktische Erfahrung, die richtige Detailausführung und regelmäßige Kontrolle im Bestand. Denn nur so lassen sich Risiken minimieren, Komfort sichern und unnötige Kosten vermeiden.
Sie möchten wissen, ob Ihre Glasfassade noch auf der Höhe der Zeit ist?
Die Norm beschreibt auf Basis von Standardklimadaten, wie der Heiz- und Kühlbedarf sowie Innentemperaturen rechnerisch ermittelt werden. Sie ist wichtig für den sommerlichen Wärmeschutz, bildet aber keine Extremwetterlagen ab.
Weil Normen mit Durchschnittswerten arbeiten und reale Faktoren wie Nutzerverhalten, Wartungszustand oder lokale Hitzespitzen oft unberücksichtigt bleiben.
Prüfen Sie die Funktion von Sonnenschutz, Steuerung und Verglasung. Oft hilft bereits die Nachrüstung von außenliegendem Sonnenschutz oder die Optimierung bestehender Systeme – am besten durch einen Fachbetrieb.
Je nach Lage, Bauart und Nutzung etwa alle 1–3 Jahre. Besonders wichtig sind Dichtungen, Beschläge, Entwässerung und Sonnenschutzanlagen.
Typische Hinweise sind Undichtigkeiten, Wärmestau, schwergängige Elemente oder sichtbarer Verschleiß an Dichtstoffen und Befestigungen. Eine fachliche Prüfung gibt Klarheit.